Menschen mit Angst vor dem Zahnarzt beziehungsweise der Zahnbehandlung haben vor allem Angst vor den Schmerzen und Angst davor, ausgeliefert zu sein. Diese Angstsymptome sind "erworben, erlernt". Meist aufgrund eigener traumatischer Erlebnisse beim Zahnarzt, z.B. durch große Schmerzen, durch die Erfahrung, sich nicht wehren zu können, vor der Plötzlichkeit und Unerwartetheit des Traumas.
Aber auch Menschen, die niemals negative Erfahrungen bei Zahnbehandlungen gemacht haben, können eine ausgeprägte orale Phobie haben. Sie hatten dann diese Angst über das so genannte Modelllernen erworben. Dies kann geschehen durch das Angst-Erleben dieser Bezugspersonen, z. B. der Eltern, der Geschwister, des Partners. In diesem Fall werden die Ängste stellvertretend gelernt. Durch Modelllernen erworbene Phobien können sich genauso stark und intensiv äußern, als wenn eigene persönliche Erfahrungen zugrunde liegen.
In der Regel befinden sich Menschen, die unter Phobien leiden, in einem Teufelskreis der Angst. Vor einem bevorstehenden Zahnarztbesuch, z. B. aufgrund von Zahnschmerzen oder einer Routineuntersuchung, einer herausgefallen Plombe o. ä. tritt die Angst bereits in Erwartung des Besuches auf (so genannte Erwartungsangst). Je näher der Termin kommt, um so unerträglicher werden die Angstgedanken und gegebenenfalls auch die körperlichen Reaktionen, die im Zusammenhang mit der Angst auftreten. Oft wird die reale Besuchssituation beim Zahnarzt gar nicht real vorgestellt, es ist eine diffuse und unerklärliche Angst, die auftritt.
Die massiven Angstgedanken steigern die Angst und führen schließlich zu der Entscheidung, den Zahnarztbesuch abzusagen. Die Angst lässt dann nach. Allerdings verschwindet die Angst nicht durch das Vermeidungsverhalten, es hält im Gegenteil die Angst aufrecht und führt nicht zu einem dauerhaften Rückgang der Angst vor der Zahnbehandlung. Bei den nächsten Überlegungen, doch einen Zahnarztbesuch zu planen, tritt die Angst wieder auf. Das aversive Erleben der Angst führt schließlich wieder zur Vermeidung. Ab irgendeinem Zeitpunkt werden gar keine Zahnarztbesuche mehr geplant. Es ist aber auch möglich, dass trotz der starken Angst, z. B. durch die Angst überlagernde Schmerzen, ein Zahnarztbesuch geplant und durchgeführt wird. Durch die starke Angst steht der Körper unter einer starken Anspannung, was einem massiven Stresserlebnis gleichkommt. Es steht nun zu befürchten, dass dadurch auch mögliche Schmerzen verstärkt werden oder das gefürchtete Gefühl des Ausgeliefertseins extrem viel stärker als normal auftritt. Die negativen Erfahrungen können die Angst wiederum verstärken, beim nächsten Mal den Zahnarztbesuch vermeiden lassen.
Alle Ängste sind erlernt
Ob jemand aber eine Veranlagung mitbringt oder eine
unglückliche Prägung durch die Erziehung: Letzten Endes sind
alle Ängste "erlernt". Sie sind die konditionierte Reaktion
auf eine als bedrohlich empfundene Situation. Manchmal kann
ein einziger Auslöser genügen, um jahrelange Pein zu
erzeugen: Wer miterleben muss, wie ein Flugzeug mit
brennendem Triebwerk notlandet, und dabei Todesängste
aussteht, wird womöglich so schnell keinen Fuß mehr in einen
Flieger setzen wollen. Wer einmal von einer Dogge gebissen
wurde, geht danach selbst jedem Schoßhund aus dem Weg.