Wenn einem das Wasser im Mund zusammenläuft
Damit einem das Wasser im Mund zusammenläuft, reicht es schon, wenn man ein leckeres Essen riecht, oder sich auch nur eines vorstellt. Dann bekommen die Speicheldrüsen die Nachricht: "Volle Kraft, wir brauchen mehr Spucke, bald gibt es was zu essen." Deshalb läuft uns dann das Wasser im Mund zusammen.
Wenn einem die Spucke wegbleibt
Aber manchmal bleibt uns auch einfach die Spucke weg und wir kriegen einen ganz trockenen Mund. Zum Beispiel vor einer Prüfung oder eben auch bei einem Zahnarztbesuch. Wenn wir nämlich aufgeregt sind, will der Körper Flüssigkeit sparen und die Speichel-Fabrik bekommt die Nachricht: "Weniger Spucke machen".
Sie heilt Wunden, schützt vor Krankheiten und überführt Verbrecher - Spucke ist erstaunlich vielseitig. So beschleunigt das im Speichel enthaltene Protein Histatin die Wundheilung. Das alte Hausmittel, auf die Schürfwunde am Knie einfach draufzuspucken, funktioniert also wirklich. Aber es muss die eigene Spucke sein, sonst droht eine eher eine Wundinfektion. Rund 100 Millionen Bakterien leben in jedem Milliliter menschlicher Spucke. Etwa 600 Arten sind bislang identifiziert. Viele davon haben schützende Funktionen, einige aber auch schädigende. "Wenn diese Speichelbakterien nun eine Höhle finden, etwa in Zahnfleischtaschen, wo sie nicht mehr belüftet und weggespült werden, können sie nicht nur den Knochen zerstören, sondern über die Blutbahnen auch in den Körper gelangen.
Ohne Spucke wird nicht nur der Mund trockengelegt. Ein ausbalanciertes System der Immunabwehr in seinem Mundraum gerät aus dem Gleichgewicht, was Karies, Parodontitis und schlimmstenfalls sogar Erkrankungen im ganzen Körper zur Folge haben kann. Doch erst nach und nach entdecken Forscher, was für ein vielfältiger Saft der Speichel ist. Er versorgt die Zähne mit Mineralien, heilt Verletzungen im Mund, zeigt Krankheiten auf und überführt Mörder.
Wie wichtig der Speichel ist, wird oft erst bemerkt, wenn er wegbleibt. Das als Mundtrockenheit oder Xerostomie bezeichnete Symptom ist relativ häufig. Es tritt bei etwa 3-5 Prozent der Bevölkerung auf. Die Folgen einer geringen Speichelsekretion sind unangenehm: Das Sprechen und Schlucken fällt schwer, der Geschmack ist verändert und die Lippen sind trocken und rissig. Außerdem ist das Kariesrisiko stark erhöht.
Die Xerostomie kann auf verschiedene Ursachen zurückgehen. So kann sie zum Beispiel die Folge einer Bestrahlung am Kopf, von Entzündungen oder Tumoren der Speicheldrüsen, von einer Dehydratation oder einer verminderten Kautätigkeit sein. Auch Erkrankungen, die die Speicheldrüsen beeinflussen, können zur Xerostomie führen. Hierzu zählt neben Aids und Diabetes mellitus auch das Sjögren-Syndrom (Sicca-Syndrom). Bei dieser Autoimmunerkrankung zerstören Immunzellen die exokrinen Drüsen, vor allem die Speichel- und Tränendrüsen. Die häufigste Ursache für eine Xerostomie ist aber die Einnahme von Medikamenten. Am stärksten behindern sogenannte Anticholinergika und trizyklische Antidepressiva die Speichelproduktion, aber auch zahllose andere Medikamente lassen die Spucke versiegen.
Zur Behandlung einer Xerostomie gilt es, vor allem die Ursache zu identifizieren und zu beseitigen. Geht das Symptom auf Medikamente zurück, ist es zu beheben, indem die Dosierung verringert oder der Wirkstoff gewechselt wird. Ist die Xerostomie nicht auf diese Weise zu beseitigen, kann sie symptomatisch behandelt werden, zum Beispiel durch Stimulation der Speichelproduktion. Hierfür ist das Kauen von Kaugummi oder das Lutschen von Bonbons geeignet. Diese sollten aber zuckerfrei sein, um das Kariesrisiko nicht zusätzlich zu erhöhen. Vielen Betroffenen hilft es auch, reichlich zu trinken und regelmäßig an ebenfalls zuckerfreien Getränken wie Mineralwasser oder ungesüßten Tees zu nippen, um die Mundschleimhaut zu benetzen. Der Speichelfluss kann bei starken Beschwerden auch medikamentös stimuliert werden.
Anerkannt sind mittlerweile die Fähigkeiten des Speichels als kriminologisches Hilfsmittel. Ebenso wie aus Haaren oder Hautschuppen sind aus einem Kaugummi untrügliche DNA-Spuren zu entnehmen, die eine Identifizierung des Kaugummi-Kauers möglich macht - sei der nun der Mörder oder der zu bestimmende Vater. Da im Speichel auch zahlreiche Eiweiße zu finden sind, steht er im Fokus der Diagnostika-Industrie: Denn wie viel einfacher wäre es, künftig Aids, Diabetes oder eine Schwangerschaft durch einen simplen, verlässlichen Spucketest festzustellen. Bislang gibt es jedoch noch Probleme damit, da die Speichelmenge und damit die Konzentration der Eiweiße schwankt. In den USA arbeiten Forscher mit Hochdruck daran mit Hilfe bestimmter Botenmoleküle Mund- oder Brustkrebs per Speichelprobe zu identifizieren. Früherkennung und Nachsorge könnten so vereinfacht werden. Dazu entsteht in den USA derzeit mit 7 Millionen Euro der National Institutes of Health eine riesige "Spucke-Datenbank", in der sämtliche Speichel-Proteine katalogisiert werden sollen.
Der Speicheltest beim Zahnarzt ist einfach und braucht wenig Zeit. Sie kauen für einige Minuten auf einem Kaugummi herum. Das regt Ihren Speichelfluss an und spült die Bakterien aus den Zahnbelägen. Ein wenig Speichel wird nun in einem Plastikbecher gesammelt. Speicheltests beim Zahnarzt können zeigen:
Pro Tag bildet der Mensch ca. einen Liter Spucke in verschiedenen Speicheldrüsen innerhalb und außerhalb des Mundes. Je nach Drüse ist das dort gebildete Sekret eher wässrig oder mukös (schleimig). Im Mund befindet sich ein Gemisch dieser verschiedenen Speichelarten, das zu 99 Prozent aus Wasser besteht, aber auch zahlreiche organische und anorganische Bestandteile enthält. Diese sind für die Funktionen des Speichels verantwortlich.
Ein Teil des Speichels wird in mikroskopisch kleinen Speicheldrüsen produziert, die über die gesamte Mundschleimhaut verteilt sind. Der größte Teil stammt aber aus den drei großen paarig angelegten Speicheldrüsen, die außerhalb des Mundes liegen und das Sekret über Ausführgänge in die Mundhöhle leiten. Die Ohrspeicheldrüsen (Glandulae parotis) befinden sich unterhalb des Ohres und münden im Oberkiefer in die Mundhöhle. Die Unterzungendrüsen (Glandulae sublingualis) sind in die Mundbodenmuskulatur eingebettet. Ihre Ausführgänge enden unter der Zunge. Dort münden auch die Gänge des dritten Drüsenpaares, der Unterkieferdrüsen (Glandulae submandibularis), die sich in der Innenseite des Unterkiefers befinden.
Das Sekret erfüllt eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben. Es befeuchtet die Mundhöhle und ermöglicht so das Sprechen und Schmecken. Zudem befeuchtet der Speichel die aufgenommene Nahrung, sodass diese besser geschluckt werden kann. Hierfür sind vor allem die Mucine (Schleimstoffe) verantwortlich, die den Nahrungsbrei verschleimen. Die im Speichel enthaltene α-Amylase Ptyalin leitet die Verdauung der Kohlenhydrate ein, wobei dies vermutlich nicht mehr von physiologischer Bedeutung ist, da das Enzym im Magen bereits wieder inaktiviert wird. In dem Sekret ebenfalls vorhanden sind Substanzen mit antibakterieller Wirkung, zu denen Lysozym, Immunglobulin A, Laktoferrin und Histatin zählen. Letzteres spielt auch eine Rolle in der Wundheilung, wie vor Kurzem entdeckt wurde.
Eine bedeutende Rolle spielt der Speichel für die Zahngesundheit: er reinigt die Zähne, puffert Säuren ab und remineralisiert den Schmelz. So enthält der Speichel alle chemisch gelösten Mineralien, die in der Zahnhartsubstanz vorhanden sind, und kann so ständig die angegriffene Zahnoberfläche regenerieren. Ist diese Remineralisation gestört, etwa durch einen zu geringen Speichelfluss, steigt das Kariesrisiko stark an. Dies ist auch bei ständiger Verdünnung des Speichels zu beobachten, wie sei beim Dauernuckeln an Trinkflaschen auftritt. Die sogenannte Fläschchen-Karies bei Kleinkindern entsteht auch dann, wenn die Trinkflasche nur mit Wasser gefüllt ist.
Neben der Remineralisation hat der Speichel auch eine Reinigungsfunktion. Er schwemmt Nahrungsreste aus und verdünnt die für den Zahn schädlichen Säuren und Zucker. Zudem enthält das Sekret verschiedene Puffersysteme, die den pH-Wert konstant halten. In der Ruhephase liegt er bei etwa pH 6,5 bis 6,9, nach Stimulation der Sekretion durch Nahrungsaufnahme steigt er auf pH 7 bis 8. Vor allem durch seinen Hydrogencarbonat-Anteil kann der Speichel aufgenommene Säuren wie Fruchtsäuren aus Obst oder Säften zumindest in geringen Mengen abfangen. Somit verkürzt er die Zeit, in der in der Mundhöhle kariesfördernde Bedingungen vorherrschen.
Eine weitere wichtige Funktion des Speichels ist, dass aus seinen Bestandteilen eine dünne Schutzschicht, die sogenannte erworbene Pellikel, entsteht. Diese ist ein weitgehend bakterienfreies Häutchen, das hauptsächlich aus Proteinen, Glykoproteinen (vor allem Mucine und Enzyme) und anderen Makromolekülen besteht, die sich an alle Festkörperoberflächen in der Mundhöhle anlagern. Dazu zählen auch antibakterielle Proteine wie Lysozym, Cystatine und Histatin.
Die Pellikel ist nicht mit der sogenannten Plaque (Zahnbelag) zu verwechseln. Erstere hat verschiedene Schutzfunktionen. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben ist es, säurebedingte Mineralverluste zu verhindern. So können Mineralien durch die Pellikel weniger leicht aus dem Zahnschmelz austreten, und Säure gelangt langsamer an den Zahnschmelz. Weiterhin vermindert die erworbene Pellikel Abnutzungserscheinungen. Zudem bildet sie ein Reservoir für speichelbedingte Reparaturfunktionen.
Neben den positiven Eigenschaften hat die Pellikel aber auch eine negative: Sie enthält Proteine, die als Rezeptoren für das Anhaften von Bakterien dienen. Somit bildet die Pellikel die Grundlage für Plaque. Normales Putzen mit Bürste und Zahnpasta oder eine Zufuhr von Säuren kann das Häutchen zerstören. Die Pellikel bildet sich jedoch innerhalb von wenigen Sekunden neu. Nach etwa einer Minute sind alle wesentlichen Enzyme wieder in aktiver Konformation an der Pellikeloberfläche vorhanden. Bei einer zu geringen Speichelproduktion kann der schützende Film auf den Zähnen nur unvollständig nachgebildet werden.